Hamm und Kreis Unna. Der Arbeitsmarkt in Hamm und im Kreis Unna hat sich besser entwickelt als vor einem Jahr prognostiziert wurde. Auch wenn schon damals die Nachfrage nach Arbeitskräften und die Beschäftigung kontinuierlich stiegen und die Arbeitslosigkeit sank, stand dem der Zuzug geflüchteter Menschen gegenüber. Kein Arbeitsmarktexperte hat vor einem Jahr geglaubt, dass die positiven Arbeitsmarkteffekte den verstärkten Zuzug geflüchteter Menschen auffangen könnten.
Genau diese Situation ist eingetreten. In Hamm stieg die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt nur leicht, im Kreis Unna ist sie weiter gesunken. Während zu Beginn des Jahres von einer heraufziehenden Flüchtlingskrise die Rede war, stellt sich jetzt mit 1.447 arbeitslosen geflüchteten Menschen (Jahresdurchschnitt 1.093) und einigen hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern an arbeitsmarktpolitischen Programmen und Integrationskursen, die fit machen für unseren Arbeitsmarkt und die Teilhabe an unserer Gesellschaft, die Situation ganz anders dar: Durch Beschäftigungswachstum, eine weiterhin hohe Nachfrage nach Arbeitskräften und einem deutlich gesteigerten Fördervolumen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung und der beruflichen Eingliederung sowie den Beschäftigungsmöglichkeiten des sozialen Arbeitsmarktes, konnte die Gesamtsituation dem Zuwanderungsdruck bisher weitgehend standhalten. Gleichwohl konstatiert Thomas Helm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hamm: „Auch wenn wir nicht in einer Arbeitsmarktkrise sind, stehen wir vor großen Herausforderungen. Die Kern- und Strukturprobleme unserer Region sind trotz zunehmender Beschäftigung noch nicht gelöst. Mit mehr Geld und mehr Beschäftigten in den Arbeitsagenturen und Jobcentern, mit mehr Unterstützungsangeboten für Langzeitarbeitslose, Ältere, Jugendliche und geflüchtete Menschen wird niemand vergessen, der aktiv an seiner beruflichen Eingliederung arbeiten will. Kombiniert mit der stabilen Beschäftigungssituation auf dem Arbeitsmarkt durch die Kräftenachfrage sehe ich hier gute Chancen zur Integration. Dies fordert die Anstrengungen aller Arbeitsmarktakteure.“
Die Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von Juni 2016 weist eine besonders gute Beschäftigungssituation im Agenturbezirk aus. Mit 178.453 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist das ein Plus von 2,6 Prozent oder 4.602 Beschäftigten. In der Stadt Hamm liegt die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei 55.912 Personen bei einem Zuwachs von 1,8 Prozent oder 1.002, im Kreis Unna mit 122.541 Beschäftigten bei einem Plus von 3,0 Prozent oder 3.600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigen. Im Bezirk ist die Beschäftigung in Vollzeit um 1,9 Prozent und die Beschäftigung in Teilzeit um 5,0 Prozent gestiegen. In Unna ist die Vollzeitbeschäftigung um 2,5 Prozent, die Teilzeitbeschäftigung um 4,5 Prozent und in Hamm die Vollzeitbeschäftigung um 0,3 Prozent und die Teilzeitbeschäftigung um 5,9 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass der Beschäftigungszuwachs im Kreis Unna etwa gleichermaßen dem Vollzeit- und TeilzeitArbeitskräftepotenzial zu Gute kommt, während in Hamm nur die Teilzeitbeschäftigung wuchs.
Betrachtet man die einzelnen Branchen ergeben sich ganz unterschiedliche Wachstumsfelder:
In Hamm ist ein Beschäftigungsplus in Heimen und im Sozialwesen, im Handel, bei der Arbeitnehmerüberlassung und im Gesundheitsbereich zu verzeichnen. Im Kreis Unna liegen die Zuwächse bei der Herstellung von häuslichen Konsumgütern, in Heimen und Sozialwesen, im Verarbeitenden Gewerbe, bei der Arbeitnehmerüberlassung, im Handel und bei den sonstigen Dienstleistungen. Insgesamt weist der Kreis Unna deutlich mehr Zuwachsbranchen auf als die Stadt Hamm.
Branchenverlierer sind in Hamm der Bereich Verkehr und Lagerei, Immobilien, Güterverkehr, Metall- und Elektroindustrie, Verarbeitendes Gewerbe. In Unna liegen die Beschäftigungsverluste im Bereich Metall- und Elektroindustrie, Verkehr und Lagerhaltung sowie Energieversorgung.
Insgesamt betrachtet ist im Kreis Unna das Beschäftigungswachstum deutlich stärker ausgeprägt als in Hamm und liegt außerdem über NRW-Schnitt.
Im Agenturbezirk sind 26.072 Menschen arbeitslos gemeldet, 729 bzw. 2,7 Prozent weniger als vor einem Jahr. Das ist der niedrigste Stand seit zehn Jahren. 1.093 Arbeitslose kommen aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern1. Vom Abbau der Arbeitslosigkeit profitieren alle Personengruppen außer den Ausländern. Besonders gelungen ist der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Während in 2013 im Agenturbezirk noch 14.541 Langzeitarbeitslose gezählt wurden, sind es jetzt nur noch 12.019, das sind 895 oder 6,9 Prozent weniger als im Vorjahr. In der Stadt Hamm lag die Zahl der Langzeitarbeitslosen in 2013 bei 5.761, in 2016 waren es nur noch 4.375. Das ist ein Rückgang um 10,5 Prozent bzw. um 512 Langzeitarbeitslose zum Vorjahr. 2013 wurden im Kreis Unna 8.760 Langzeitarbeitslose gezählt. Mit 7.644 in 2016 ist dies ein Rückgang zum Vorjahr um 382 bzw. 4,8 Prozent. Der Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit in Hamm erfolgt in der Stadt Hamm seit 2013 in kontinuierlichen Schritten, während im Kreis Unna die Langzeitarbeitslosigkeit besonders stark ab 2014 abgebaut wird.
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist in Hamm und im Kreis Unna unterschiedlich: In Hamm hält der Arbeitsmarkt dem Zuwanderungsdruck nicht mehr stand. Mit 8.515 Arbeitslosen (436 davon aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern) ist ein Plus von 103 bzw. 1,2 Prozent zum Vorjahr zu verzeichnen. Nach dem historischen Tiefstand im vergangenen Jahr ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2015 in 2016 leicht gestiegen. Dass die Arbeitslosenquote weiterhin bei 9,4 Prozent bleibt, liegt an den Erfolgen beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit.
Im Kreis ist mit 17.557 Arbeitslosen und einem Rückgang von 831 die geringste durchschnittliche Jahresarbeitslosigkeit zu verzeichnen. Trotz Zuwanderungsdruck ist dies eine Senkung um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies ist besonders erfreulich, da die Zahl der Menschen aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern unter den Arbeitslosen insgesamt von 1,6 Prozent im Vorjahr auf 3,8 Prozent angestiegen ist. Durch eine stabile Beschäftigungssituation und dem Einsatz unterschiedlichster arbeitsmarktpolitischer Instrumente konnte hier der Zuwanderungsdruck abgefedert werden. Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung, zur Aktivierung und Eingliederung, Beschäftigungs- und Gründungszuschüsse, das Bundesprogramm zur „Sozialen Teilhabe“ bringen die Beschäftigungschancen für alle Zielgruppen des Arbeitsmarktes weiter. Die Statistik zur Unterbeschäftigung weist dies transparent für alle Maßnahmen aus. Die Unterbeschäftigten im engeren Sinne sind in Hamm im Vergleich zum Vorjahr um 1,0 Prozent von 11.184 auf 11.298 Personen gestiegen. Im Kreis ist eine gleichbleibende Situation von 22.624 in 2015 und 22.625 Personen in 2016 zu beobachten.Für die stabile Situation auf dem Arbeitsmarkt spricht auch der Anstieg beim Zugang der gemeldeten Stellen. Im Vergleich zum Vorjahr sind im Agenturbezirk die Zugänge gemeldeter offener Stellen um 8,0 Prozent, in der Stadt Hamm um 0,3 Prozent und im Kreis Unna um 11,2 Prozent gestiegen. Im Kreis Unna zeigt sich ein deutlicher Anstieg bei der Nachfrage nach Helfern, in Hamm ein Rückgang. Die Nachfrage nach Fachkräften ist im Kreis Unna ebenfalls gestiegen, in Hamm ist sie rückläufig. Experten werden in der Stadt Hamm im Vergleich zum Vorjahr stärker gesucht. Im Kreis Unna ging die Nachfrage nach Experten zurück.
Thomas Helm sieht als weitere Herausforderung die Passung von Arbeitsangebot und Arbeitskräftenachfrage an: „Vor dem Hintergrund der Arbeitskräftenachfrage müssen wir uns der Matchingproblematik zwischen dem Angebot an Arbeitskräften und der Nachfrage der Arbeitgeber stellen. Unsere Herausforderung liegt in der Auflösung dieses Mismatchs durch Qualifizierung einerseits, aber auch in der Alternativ- oder Substitutionsberatung der Arbeitgeber. Ziel muss es sein, Wege zum passenden Mitarbeiter zu finden. Der wichtigste Baustein auf dem Weg in Arbeit ist die Qualifikation, zum Beispiel über eine begleitende schrittweise Qualifizierung zur Fachkraft in einem geförderten Arbeitsverhältnis.“
Sebastian Unkhoff, Bereichsleiter in der Agentur für Arbeit ergänzt: „Dieses Angebot der Qualifizierung besteht für geringqualifizierte wie auch für geflüchtete Menschen, die ihre ersten Integrationsschritte erfolgreich absolviert haben. Gerade die Integration geflüchteter Menschen kann nur gelingen, wenn sie von Anfang an nah am Arbeitsmarkt sind. Hier benötigen wir die Bereitschaft der Betriebe, Arbeitsplätze mit Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.“
Ein gelungenes Beispiel ist die Firma Thermo Sensor, die Produkte für alle Bereiche der Temperatur-, Mess- und Regeltechnik herstellt. Aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung, ist auch der Personalbedarf bei diesem Unternehmen gestiegen. Bereits 2016 stellte Thermo Sensor drei geflüchtete Menschen aus Nigeria, Irak und Syrien ein. Dabei sind die Sprachkenntnisse der drei Personen noch nicht perfekt. „Teilweise ist die Verständigung noch eine gewisse Herausforderung. Aber unsere neuen Mitarbeiter arbeiten gut und zuverlässig und haben sich gut in unser Unternehmen integriert“, berichtete Birthe Dobslaff, Prokuristen von Thermo Sensor.