Kamen. Der Bürgerservice im Rathaus rüstet auf - der Optik wegen. Genauer gesagt: wegen der Optik Kamener Bürger. Pünktlich zum Monatsbeginn kommt die neue Fotosoftware "ProKopf" zum Einsatz. Ihr Sinn und Zweck ist das Herstellen von Ausweisdokumenten, für die sich niemand zu schämen braucht. Wenige Mausklicks sollen reichen, auch aus wenig ansprechenden Gesichtern ein vorzeigbares Antlitz zu kreieren.
Kamen nimmt dazu - als einzige Stadt in NRW - an einem Modellversuch des Bundes teil. "Es gibt im wesentlichen zwei Gründe", sagt ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière. Zum einen kämen seit Jahren Beschwerden von Menschen, die sich gegängelt fühlen, seit sie zu einem neutralen Gesichtsausdruck auf Personalausweisen und Reisepässen verpflichtet sind. Zum anderen existiere im Ausland nach wie vor das Klischee vom hässlichen Deutschen. "ProKopf" soll das ändern.
Die Software ist von einer Ästhetikkommission des Bundes unter Federführung von Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur, entwickelt worden. "Das macht den hohen Anspruch des Programms deutlich", freut sich Jörg Grudnio, Fachbereichsleiter der Kamener Verwaltung. Der hat inzwischen seine Mitarbeiter in der Anwendung von "ProKopf" schulen lassen. Das bedeutet für die Bürger: Wer ab dem 1. April ins Rathaus geht, um Ausweis oder Pass ausstellen zu lassen, hat die Möglichkeit zu individueller Gestaltung. Dazu wird das mitgebrachte Foto eingescannt - und kann gleich danach am Bildschirm des Service-Mitarbeiters "verfeinert" werden. Fältchen retuschieren, Höcker auf der Nase einebnen, schiefe Zähne richten, den blassen Teint ein wenig tönen... - alles geht.
Kritiker fragen: Wozu der ganze Aufwand? Das "Original" - der Mensch aus Fleisch und Blut - bleibt schließlich, wie er ist. "Das ist uns natürlich bewusst", heißt es aus dem Ministerium von de Maizière. Dennoch ist man hier vom Nutzen des Projekts überzeugt. Ob beim Einchecken am Flughafen, beim Abholen eines Postpakets oder bei der Festnahme nach einer Straftat: Situationen, in denen ein Ausweis vorgezeigt werden muss, seien in der Regel doch eher steif und formell. "Da wollen wir mit ,ProKopf' erreichen, dass der Bürger seinen Ausweis einfach gern und mit Freude zückt. Und wenn dann die Frage kommt: ,Was denn, das sollen Sie sein?!' - dann kann das der Ausgangspunkt für ein heiteres Gespräch sein."
Ein Farbtupfer im tristen (Behörden-)Alltag also. Allein die Polizeibehörden behalten Zugriff auf die Rohversion, das unbearbeitete Bild. Effektive Fahndung nach Kriminellen bleibt so gewährleistet. Gewährleistet bleiben soll auch der Datenschutz, sagt der Ministeriumssprecher - "niemand außer den Beamten kann die Originale einsehen". Die Kritiker nennen das allerdings "einen Aprilscherz".
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Neue Software: Ausweis-Kick per Mausklick
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