von Andreas Milk
Kamen. Es reicht, nachlässig zu sein, um vor Gericht zu landen. Oder aber: dummdreist. Oder: stockbesoffen. Drei Fälle von heute Vormittag, verhandelt vor dem Kamener Amtsgericht.
Nummer eins, die Nachlässigkeit. Ein Türke ist angeklagt, zu Unrecht Hartz IV bezogen zu haben, knapp 440 Euro unterm Strich. Die Nationalität ist in diesem Fall wichtig, genauer: die Sprache. Denn der 44-Jährige ist kaum des Deutschen mächtig. Den Papierkram hat er immer seine Frau erledigen lassen. Die war es auch, die ein Formular des Jobcenters Kreis Unna unterschrieben hatte - und damit die Verpflichtung, die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses dem Jobcenter zu melden. Genau das aber unterblieb, als ein Sohn des Ehepaars eine bezahlte Arbeit aufnahm. Weil die Behördenpost stets den Vater als Adressaten hatte, richtete sich gegen ihn auch das Strafverfahren, als das Jobcenter vom Job des Sohns erfuhr. Urteil des Richters: 200 Euro Buße wegen einer Ordnungswidrigkeit. Nochmal gut gegangen. Die Anklage hatte auf Betrug gelautet.
Nummer zwei, die Dummdreistigkeit. Eine 28-Jährige hatte bei Ebay eine Spielekonsole, neuwertig, samt vier Spielen angeboten. Ein Interessent schickte ihr dafür 80 Euro. Was er dafür zurück bekam: eine zerkratzte Konsole - und kein einziges Spiel. Im Prozess erklärte die Frau, ihre kleine Tochter habe es sich plötzlich anders überlegt und die scheinbar ungeliebten Spiele doch nicht mehr zum Verkaufen herausrücken wollen. "Sie wissen ja, wie Kinder sind!" Der Richter wusste eher, wie die Angeklagte ist. Die hat drei Vorstrafen wegen Betrugs im Register. Seit heute gibt es eine vierte: Zwei Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Der Richter: "Ich hoffe, das ist ein ausreichender Schuss vor den Bug." Obendrein soll der verhinderte Spiele-Käufer 100 Euro von ihr als Wiedergutmachung bekommen, als Bewährungsauflage.
Nummer drei, die Volltrunkenheit. Am späten Nachmittag des 15. Oktober war ein 68-Jähriger mit seinem Rad in Bergkamen unterwegs. Er muss dann wohl abgestiegen sein, um zu urinieren - dabei purzelte er in einen Graben. Eine Frau sah das, schlug Alarm, Rettungsdienst und Polizei rückten an. Alles halb so wild, stellte sich heraus. Die Polizisten rieten dem schwer angeheiterten Rentner dringend, seinen Heimweg schiebend statt radelnd fortzusetzen. Hinter der nächsten Kurve stieg er aber doch wieder auf den Sattel, wurde geschnappt und einem Alkoholtest unterzogen. Das respektable Ergebnis: 2,44 Promille. Bier und Wodka habe er gehabt, erzählte er vor Gericht. Ende der Geschichte: 800 Euro Geldstrafe wegen fahrlässigen Vollrausches. Zum Wohle.
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Nachlässig, dummdreist, sturzbetrunken - und verurteilt
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