Richter-Appell an misshandelte Frauen

von Andreas Milk
Kamen. Am Ende blieb dem Richter nichts übrig, als einen Appell an misshandelte Frauen zu formulieren. Wenn sie den Mut aufbrächten, einen gewalttätigen Partner - oder Ex-Partner - anzuzeigen, dann sollten sie auch den Mut aufbringen, vor Gericht auszusagen. Sonst blieben am Ende bloß ein teures Verfahren - und ein straffreier Täter.
Die Ausgangslage: Im Mai vorigen Jahres soll ein Mann in Bergkamen seiner Ex-Ehefrau die Wohnungstür gegen den Körper gerammt haben. Die Frau wurde an Handgelenk und Ellbogen verletzt. Einige Wochen später sei er auf ihren Balkon geklettert - trotz einer Einstweiligen Verfügung, die ihm eine Annäherung verbot. Die Frau erstattete Anzeige. Gestern wurde darüber am Kamener Amtsgericht verhandelt.
Der Mann stritt die Vorwürfe ab. Am Tag des angeblichen Stoßes mit der Tür habe er nur seine Sachen abholen wollen; als das mit dem Balkon passiert sein soll, sei er bei seinem Bruder gewesen. Und die Frau selbst? Sagte vor Gericht nichts mehr. Sie machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
Eine Zeugin warf ihr vor, immer wieder falsche Behauptungen über den "Ex" zu verbreiten. Eine fragwürdige Unterstellung. Zu Zeiten ihrer Ehe hatte sie einen mutmaßlich zutreffenden Gewaltvorwurf wieder zurückgezogen, um ihren Mann vor einer Verurteilung zu schützen.
Der sitzt wegen einer Körperverletzung seit einem Jahr im Gefängnis. Bald soll er rauskommen und eine Suchttherapie machen - neben dem Hang zur Gewalt hat er Probleme mit Cannabis und Speed.
Die neue Anklage, dass er seine Frau angegriffen und belästigt habe, bleibt ohne Folgen: Verfahren eingestellt.